Wenn man als Diabetiker sein Gewicht reduzieren oder seinen Blutzucker­stoffwechsel stabilisieren möchte, welche Diät ist da hilfreich und sinnvoll? Ernährungs­wissen­schaftlerin Prof. Dr. Claudia Miersch stellt die aktuellen Trenddiäten kurz vor und beschreibt ihren Einfluss auf den Zuckerstoff­wechsel.

Wenn man als Diabetiker sein Gewicht reduzieren oder seinen Blutzuckerstoff­wechsel stabilisieren möchte, welche Diät ist da hilfreich und sinnvoll? Im Dschungel der Diätratgeber und Klatsch­presse­berichte fällt es vielen Menschen schwer, den Überblick zu behalten und das Richtige für sich zu finden. Die Ernährungs­wissenschaftlerin Prof. Dr. Claudia Miersch stellt in diesem Beitrag die aktuellen Trenddiäten kurz vor und beschreibt ihren Einfluss auf den Zuckerstoff­wechsel.

Glyxdiät

Diätform, bei der die blutzucker­steigernde Wirkung von kohlen­hydrathaltigen Lebens­mitteln (Einteilung über den glykämischen Index) berücksichtigt wird. Allgemein gilt: Je höher der Blutzucker­anstieg ist, desto seltener sollte das Lebensmittel verzehrt werden.

Erlaubte Lebensmittel: Kohlen­hydrat­haltige Lebensmittel mit niedrigen glykämischen Index (Glyx-Tabellen), Fleisch, Fisch, hochwertige Fette

Verbotene Lebensmittel: zuckerhaltige Lebensmittel, Weißmehl­produkte

Wirkung auf den Blutzucker­stoffwechsel / Diabetes: Studien zeigten einen geringeren Blutzucker­anstieg nach dem Essen, Verbesserungen im Nüchtern­blutzucker­spiegel und im HbA1c Wert1.

Gut zu wissen: Glykämischer Index

Der glykämische Index beschreibt die Dauer und die Höhe des Blutzucker­anstieges nach dem Verzehr von 50 g Kohlenhydraten aus einem Lebensmittel in Prozent. Als Referenzwert wird der Blutzucker­anstieg von 50 g Glukose herangezogen, der auf 100 Prozent festgelegt wurde. 

Lebensmittel mit einem hohen glykämischen Index, zum Beispiel Weißmehl­produkte (Brötchen, Waffeln, Kuchen), führen zu einem schnellen und hohen Blutzuckeranstieg. Linsen, Möhren oder Vollkornbrot mit ganzen Körnern gehen langsamer "ins Blut" und gehören daher zur Gruppe der Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index.

 

Paleodiät

Ernährungsweise nach dem Vorbild der Steinzeit- (oder Paläolithikum-) Ernährung. Diese Kostform orientiert sich an der ursprünglichen Ernährungsweise der Jäger und Sammler. Daher sind fast ausschließlich Lebensmittel erlaubt, die bereits zu dieser Zeit für den Menschen verfügbar waren.

Erlaubte Lebensmittel: Fleisch, Fisch, Eier, Meeresfrüchte, Gemüse, Obst, Honig, Nüsse, Samen und Kräuter

Verbotene Lebensmittel: Getreide, Zucker, Milch und Milchprodukte, Hülsenfrüchte, industriell verarbeitete Lebensmittel

Wirkung auf den Blutzucker­stoffwechsel / Diabetes: Wissenschaftliche Untersuchungen ermittelten eine verbesserte Insulinwirkung, eine Abnahme des HbA1c-Wertes2 sowie eine Verbesserung des Nüchtern­blutzuckerspiegels3.

 

Leberfasten

Diätform, die zur Entfettung der Leber beitragen soll. Viele Menschen mit Übergewicht und/oder Diabetes Typ 2 haben eine nicht-alkoholische Fettleber, die den Stoffwechsel beeinträchtigt und weitere Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nieren­erkrankungen fördert. 

Durch das Leberfasten (mit maximaler täglicher Energiezufuhr von 1000-1100 kcal über 4 Wochen) wird die Leber entfettet und der Zuckerstoffwechsel kommt wieder in Schwung.

Erlaubte Lebensmittel: Kräuter, Gemüse, Beeren, Fisch, Fleisch, Essig, Öle, Nüsse, Kerne, ungesüßte Milchprodukte, kohlenhydratarme Beilagen (zum Beispiel low-carb-Brot), kalorienfreie Getränke.

Verbotene Lebensmittel: Kohlenhydratreiche Beilagen wie Reis oder Nudeln, denn nur maximal 50 g Kohlenhydrate am Tag sind erlaubt.

Wirkung auf den Blutzucker­stoffwechsel / Diabetes:

Forschungsergebnisse bestätigen eine verbesserte Blutzucker­regulation sowie verbesserter Nüchtern­blutzuckerwerte4

 

Intervallfasten (oder intermittierendes Fasten)

Fastenform, bei der tage- oder stundenweise auf Nahrung verzichtet wird. Es existieren mittlerweile verschiedene Protokolle und Varianten zur Durchführung: 

  • 5:2 Diät (5 Tage normales Essen, 2 Tage fasten), Every-Other-Day Diet (Normal Essen und Fasten immer im Wechsel)
  • Dinner-Cancelling (Verzicht aufs Abendessen an 2-3 Tagen pro Woche)
  • oder das mittlerweile bekannteste Prinzip 16:8 Diät (nur an 8 Stunden am Tag darf gegessen werden, die restlichen 16 Stunden am Tag wird gefastet).

Der zeitweise Verzicht auf Nahrung entlastet den Stoffwechsel und kann eine Gewichtsabnahme unterstützen5.

Erlaubte Lebensmittel: An den Nichtfasten-Tagen oder -Zeiten, gibt es häufig keinerlei Einschränkungen.

Verbotene Lebensmittel: Auch hier gilt: Eigentlich gibt es keine Lebensmittelverbote, nur zeitliche Beschränkungen, wann gegessen werden darf.

Wirkung auf den Blutzucker­stoffwechsel / Diabetes: In wissenschaftlichen Studien wurde ein geringerer Blutzuckeranstieg nach den Mahlzeiten und eine geringere Insulinresistenz ermittelt6

Trotz einiger eindrucksvoller Ergebnisse ist die Studienlage für viele Diäten und Ernährungs­weisen nicht einheitlich. Das heißt: Mal finden die Wissen­schaftler positive Effekte auf den Zuckerstoff­wechsel, das Gewicht oder eine Erkrankung, mal wieder nicht. 

Welche Diät der Mensch wählt, um gesünder zu werden, scheint mitunter zweitrangig, da ein anderer Einfluss­faktor eine viel größere Rolle spielt: Das Durchhalten. Studien konnten dies bereits bestätigen. Der Diäterfolg ist nicht an die Diätform oder an die genetische Vor­belastung geknüpft, sondern daran, wie konsequent der Mensch die empfohlene Ernährungs­weise durchhält (7).

Bei vielen Diäten und Kostformen gibt es Gemeinsamkeiten. Auf zucker­haltige Lebensmittel und Softdrinks soll in der Regel verzichtet werden. Außerdem legen viele Diäten Wert auf naturbelassene, möglichst unverarbeitete Lebensmittel. Dadurch werden weniger ungünstige Fette, Zucker und Zusatzstoffe auf­genommen und dafür mehr Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzen­stoffe, was sich positiv auf die Gesundheit auswirken kann. 

Also lassen Sie sich nicht verwirren, sondern schauen Sie einfach welche Kost- bzw. Diätform am Besten zu Ihnen passt.

Prof. Dr. Claudia Miersch

Autorin Prof. Dr. Claudia Miersch, Beitrag vom 02.10.2020; letzte Aktualisierung am 26.2.2022

Quellen (letzter Abruf Oktober 2020): 
(1)   https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29562676/
(2)   https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27235022/
(3)   https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26269362/
(4)   https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/1611833/
(5)   Die 4-Wochen-Kur gegen Fettleber – Leberfasten nach Dr. Worm, Worm/Teutsch, Trias-Verlag 2019
(6)   https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/diaeten-fasten/intervallfasten/
(7)   https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/intervallfasten-senkt-ldl-blutzucker-und-blutdruck/
(8)   https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2673150