Die Verunsicherung bei Frauen mit Diabetes Typ 1, ob in ihrem Fall eine Schwangerschaft möglich ist und auf welche Situationen sie sich einstellen müssen, kann nur ein gutes Ärzteteam aus der Gynäkologie und Diabetologie nehmen. Im Allgemeinen gilt eine Schwangerschaft mit Diabetes Typ 1 als eine Risikoschwangerschaft. Dank neuester Erkenntnisse, moderner Medizintechnik und Empfehlungen der Fachärzte ist es jedoch möglich, sich den Kinderwunsch zu erfüllen.
Jede Schwangerschaft mit Typ 1 muss geplant und vorbereitet sein
Vor einer geplanten Schwangerschaft muss die zukünftige Mutter bereits im Voraus für gute Rahmenbedingungen sorgen. Der Wert des Langzeitzuckers sollte optimal eingestellt sein (unter 6,5%) – das erfordert absolute Disziplin, ist aber während der Schwangerschaft unerlässlich!
Zusätzlich ist eine Fehlbildungsprophylaxe des Ungeborenen mit Jod und Folsäure ratsam, welche i.d.R. auch bis zur zwölften Schwangerschaftswoche durchgeführt werden sollte.
Etwaige organische Schädigungen (z.B. an den Nieren, den Augen oder aber auch Veränderungen des Blutdrucks), die eventuell durch den Diabetes bestehen könnten, sollten vorweg ebenfalls abgeklärt und vor der Schwangerschaft behandelt werden.
Es empfielt sich ein CGM-Gerät oder eine Insulinpumpe zu nutzen und bereits vor der Schwangerschaft deren Handhabung zu erlernen. Das erleichtert eine stetige Überwachung und Einstellung des Blutzuckers.
In der Schwangerschaft
Der veränderliche Hormonhaushalt während der Schwangerschaft verursacht schwankende Blutzuckerwerte. Regelmäßige Messungen des HbA1C-Wertes (alle vier bis sechs Wochen) sind wichtig, um die Stabilität des für eine Typ 1-erin doch sehr strengen Wertes von unter 6,5% zu gewährleisten.
Zu Beginn der Schwangerschaft sinkt der Bedarf an Insulin. In dieser Zeit ist ebenfalls häufig mit einer Unterzuckerung zu rechnen, während ab dem zweiten und dritten Trimester eine erhöhte Anpassung des Insulins notwendig wird. Auch eine kurzfristige stationäre Aufnahme kann für diese strenge Blutzucker-Einstellung angezeigt sein. Während dieser Zeit empfehlen sich außerdem auch die sogenannte Feindiagnostik (Fehlbildungs-Ultraschall des Ungeborenen) und die Untersuchung auf eine Schwangerschafts|vergiftung (Präeklampsiescreening). Ansprechpartner für diese Untersuchungen ist der Frauenarzt.
Zielbereiche des Blutzuckers
Zeitpunkt der Messung mg/dl bzw. mmol/l
- nüchtern 60 - 90 bzw. 3,3 -5,0
- 1 Stunde nach der letzten Mahlzeit weniger als 140 bzw. weniger als 7,7
- 2 Stunden nach der letzten Mahlzeit weniger als 120 bzw. weniger als 6,6
- vor dem Schlaf 90 - 120 bzw. 5,0 - 6,6
- nachts mehr als 60 bzw. mehr als 3,3
Richtlinien der DDG Quelle:DDH-Maktuell 1/2018, S.14
Im Gespräch bleiben
Da eine Schwangerschaft mit bestehendem Typ-1-Diabetes zu den Risikoschwangerschaften zählt, ist eine lückenlose Betreuung während der gesamten Zeit der Schwangerschaft notwendig. Damit der Frauenarzt, der Diabetologe und eventuell andere benötigte Spezialisten in einem guten Austausch stehen können, sollte die Erlaubnis für eine Schweigepflichtentbindung erteilt werden.
Für ein sicheres Gefühl in dieser aufregenden Zeit, sollten sich die zukünftigen Eltern auch im privaten Rahmen ein vertrautes Umfeld schaffen. Eine Schwangerschaft mit Diabetes Typ 1 verlangt Rücksicht und Verständnis für die werdende Mutter. Bei der Geburt ist es ebenfalls sowohl für die Schwangere als auch für das ärztliche Team von Vorteil, dass eine vertraute und eingewiesene Person bei der Entbindung anwesend ist, die die Einstellung des Blutzucker|wertes übernehmen kann.
Geburt
Ein sinkender Insulinbedarf kündigt meist die bevorstehende Geburt bei einsetzender Wehentätigkeit an. Die festgelegte Geburtsklinik sollte nun spätestens aufgesucht werden.
Für die Entbindung ist eine Klinik mit Neonatologiestation zu empfehlen, um im Notfall auch das Neugeborene direkt versorgen zu können (Versorgungsstation von Risiko-, Früh- und Neugeborenen). Informationen zu geeigneten Kliniken gibt die Krankenkasse auf Anfrage heraus.
Bei der Geburt sollte eine durchgängige Gabe von Insulin gewährleistet sein. Der Blutzucker wird stündlich kontrolliert. Zu hohe Blutzuckerwerte können beim Neugeborenen eine Unterzuckerung nach der Geburt provozieren. Zu niedrige hingegen schwächen die Wehentätigkeit.
Um einer schwer|wiegenden Stoffwechselentgleisung (Ketoazidose) vorzubeugen, wird ebenfalls die Menge an Ketonen im Urin gemessen, da die Zuckerspeicher während des Geburtsprozesses erschöpft sein können und dennoch Normalwerte angezeigt werden.
Nach der Schwangerschaft
Der Bedarf an Insulin sinkt nach der Geburt recht zügig wieder auf vorgeburtliche Werte. Durch das Stillen wird viel Energie verbraucht, sodass einer eventuellen Hypoglykämie vorgebeugt werden muss.
● Kinderwunsch ist grundsätzlich möglich
● Organisation und Selbstverantwortung sind unerlässlich
● Vorerkrankungen abklären lassen
● HbA1C-Zielwert: unter 6,5%
● engmaschige Kontrolle und Einstellung des Insulinspiegels
● regelmäßige und häufige Arztbesuche (evtl. auch stationär)
● sicheres soziales Umfeld schaffen
● nach der Geburt vermehrten Energiebedarf beachten
Weitere Infos
Unsere Typ-1-Botschafterin und Vloggerin Kathrin Schanz hat über ihre Schwangerschaft und wie es ihr nach der Geburt ergangen ist bei Youtube berichtet.
Beitrag vom 30.09.2019; letzte Aktualisierung am 30.09.2019
Quellen (letzter Abruf September 2019):
https://www.diabetesinformationsdienst-muenchen.de/leben-mit-diabetes/kinderwunsch/index.html
https://www.uniklinikum-jena.de/geburtsmedizin/Abteilungen+_+Zentren/Kompetenzzentrum+
Diabetes+_+Schwangerschaft/Diabetes+Typ+I+_+Schwangerschaft.html
https://www.uniklinikum-jena.de/geburtsmedizin/Abteilungen+_+Zentren/Kompetenzzentrum+
Diabetes+_+Schwangerschaft/Diabetes+Typ+I+_+Schwangerschaft/Geburt.html
DDH-Maktuell 1/2018, S.12-15