Kathi Korn - Vorwort
Ich bin 31 Jahre alt, Dreifach-Mama, lebe in Baden-Württemberg und arbeite als Healthfluencerin, Medizinprodukteberaterin und Referentin im Diabetes-Bereich. Typ-1-Diabetes habe ich seit 2012. Das bedeutet, ich habe meine Diagnose als Erwachsene erhalten. Das war mit einigen Hürden verbunden, aber dazu später mehr.
Mein Anliegen ist es Aufklärung zu verbreiten und Betroffene zu motivieren. Stigmatisierung sage ich den Kampf an! Kinder mit Diabetes sollen weniger Hürden in Schule und Kindergarten erfahren und Sehgewohnheiten müssen sich ändern. Kein Mensch mit Diabetes sollte sich je schlecht fühlen, in der Öffentlichkeit Insulin zu injizieren. Es gibt so viele weitere chronische Erkrankungen, die verheerende Wechselwirkungen mit Typ 1 Diabetes haben - wie zum Beispiel Lipödem. Auch diese wichtigen Thematiken möchte ich in den Fokus rücken und dafür sensibilisieren.
Kathi Korn
Die Diagnose war ein Schock, die erste Zeit sehr schwierig. Doch heute geht es mir mit meinem Leben mit Typ-1-Diabetes sehr gut.
Kathi Korn
Was ist Diabetes mellitus Typ 1?
Diabetes mellitus Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, das heißt eine Fehlsteuerung des Immunsystems. Was zu dieser Autoimmunreaktion führt, ist noch unklar. Der Körper zerstört die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Das überlebenswichtige Insulin kann nicht mehr vom Körper produziert werden und muss von außen zugeführt werden. Das funktioniert entweder über einen Insulipen oder über eine Insulinpumpe. Typ-1-Diabetes kann in jedem Alter auftreten, zumeist jedoch im jugendlichen Alter. Die ersten Symptome können sein: extremer Durst, große Trinkmengen und dadurch ausgelöst häufiges Wasserlassen sowie ausgeprägte und ungewollte Gewichtsabnahme innerhalb weniger Wochen. Ebenso können auffälliger Leistungsabfall mit Muskelschwäche, Müdigkeit und stark beeinträchtigtem Allgemeinbefinden als erste Anzeichen für einen unerkannten Diabetes Typ 1 eintreten.
Wenn die Symptome bekannt sind, wird die Erkrankung möglicherweise schnell entdeckt, sodass Erkrankte und Behandelnde direkt eingreifen können und kein schlimmer Leidensweg durch eine verspätete Diagnose entsteht. Dank der neuen Diabetes-Technologien kann man heutzutage sehr gut mit dieser Erkrankung leben und die Prognosen sind vielversprechend.
Mein Leben nach der Diagnose Diabetes Typ 1 und Lipödem
Nach meinen Diagnosen hatte sich mein Leben komplett verändert. Erst zum Negativen, dann glücklicherweise ins komplette Gegenteil!
Der erste Schritt in ein positives Lebensmuster mit chronischen Erkrankungen, in meinem Fall Diabetes Typ 1 und Lipödem, ist in meinen Augen die Akzeptanz.
Das Lipödem ist eine schmerzhafte chronische Fettstoffwechsel-Störung, die fast nur bei Frauen auftritt. Dabei kommt es zu einer Fettvermehrung, vor allem an Beinen, Hüfte, Gesäß und in einigen Fällen auch an den Armen. An einem Lipödem sind in Deutschland rund 3,8 Millionen Menschen erkrankt.
Bei mir hat die Akzeptanz ca. zwei Jahre gedauert, da ich mich in dieser Zeit in einem eher weniger positiven Umfeld befand. Alle machten sich viele Sorgen. Diese Sorgen übertrugen sich auf mich und mein Leben, und somit steckte ich etliche Monate nach der Diagnose den Kopf in den Sand.
Die Diagnose selbst fand nicht ganz reibungslos statt. Ich verbrachte acht Wochen in der Klinik mit einer Nadelphobie und dem Wissen, dass ich mich nun regelmäßig spritzen muss. Anfangs war nicht sicher, welchen Diabetestyp ich habe, Typ 1 oder Typ 2. Somit konnte ich die ersten Wochen gar nicht richtig auf Insulin eingestellt werden. Jeden Tag bekam ich andere Informationen und da ich mich damals noch nicht auskannte – war das einfach nur schrecklich und angsteinflößend.
In den ersten Monaten passierte nicht viel Positives – doch zwei Jahre später wurde ich unerwartet schwanger! Kurz zuvor erhielt ich eigentlich die Nachricht, dass wegen anderer Erkrankungen eine Schwangerschaft nicht möglich sei. Doch ich hielt einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen und ALLES sollte sich glücklicherweise ändern.
Umgang mit der Erkrankung
Online suchte ich nach Erfahrungs|¦austausch und Studien, bezogen auf Schwangerschaft mit Typ-1-Diabetes. Gefunden habe ich so gut wie nichts! Deswegen gründete ich vor acht Jahren einen eigenen YouTube-Kanal und teilte in Videos detailliert meine Erfahrungen aller Schwangerschaftswochen und die diabetesbezogenen Details rund um die Schwangerschaft online. Das half mir persönlich sehr.
Dadurch konnte ich in den vergangenen Jahren eine große Community aufbauen. Beruflich habe ich den Diabetes komplett miteingebunden und damit sogar meinen Traumberuf als Medizinprodukteberaterin gefunden.
Bei meinem Diabetesmanagementsystem, dem mylife Loop, gibt es regelmäßig kleine Insulinabgaben - immer genau so viel, wie mein Körper benötigt. Das Mahlzeiten-Insulin gebe ich allerdings komplett manuell über eine Kalkulatorfunktion der App ab. Die Kommunikation zwischen meinem Sensor zur kontinuierlichen Blutzuckermessung, der App im Handy und der Insulinpumpe läuft über Bluetooth. Seither ist mein HbA1c niedriger, meine Zeit im Zielbereich viel größer und meine Lebensqualität bedeutend gestiegen!
Als Expertin auf den Gebieten „Schwangerschaft & Geburt mit Typ-1-Diabetes“, Leistungssport, denn ich war Deutsche Meisterin im Tischtennis, oder in den Bereichen der neuen Diabetestechnologien, halte ich regelmäßig Vorträge auf Kongressen und Fachveranstaltungen.
Ich betreibe einen Instagram-Account und einen YouTube-Kanal, um meine Erfahrung und mein Wissen weiterzugeben und mich auszutauschen.
Schwangerschaft und Diabetes Typ 1
Zehn Jahre nach der Diagnose liegen drei Schwangerschaften hinter mir. Während der Schwangerschaften war ich sehr streng im niedrigen BZ-Bereich eingestellt.
Die S2-Leitlinie gibt vor:
- bis 140 mg/dl eine Stunde nach dem Essen
- unter 120 mg/dl zwei Stunden nach dem Essen
- 65-95 mg/dl Nüchternwerte
Mittlerweile finden wir in der Leitlinie auch den Begriff "Time in Range TIR" - die Zeit im Zielbereich - sie gibt prozentual an, wie lange sich der Glukosewert während eines definierten Zeitraums innerhalb des Zielbereichs befand.
Bei Nutzung eines CGM sollte bei schwangeren Frauen mit Diabetes Typ 1 ein TIR von mehr als 70 Prozent erzielt werden, wobei der Zielbereich zwischen 63-140 mg/dl liegt.
(CGM steht für „Continous glucose monitoring“, also „kontinuierliches Glukosemonitoring“.)
Frauen mit Diabetes können genauso gesunde Kinder auf die Welt bringen, wie „Nichtdiabetikerinnen“. Kathi Korn
Mein Weg mit Diabetes Typ 1
Ich habe ein großartiges Umfeld, auf welches ich mich verlassen kann, drei wundervolle Kinder, habe meinen Traumjob gefunden, treibe gerne und viel Sport und bin zufrieden mit meinem Leben und stolz darauf, mich für Menschen mit Diabetes einzusetzen.
Doch ich wünsche mir ganz dringend mehr Bekanntheit und medial wirksame Aufklärungskampagnen über das Krankheitsbild Diabetes und dessen Symptome! In den Medien sollte die Erkrankung sichtbarer werden! Wenn die Sehgewohnheiten sich ändern, wird es weniger Stigmatisierung geben!
Es gibt viele Vorurteile, aber: Ich, als Mensch mit Typ-1-Diabetes darf alles essen und kann alles essen, muss es aber mit Insulin abdecken! Mir hilft es, mich viel zu bewegen und Kohlenhydrate zu reduzieren. So ist mein Insulinbedarf geringer und die Wechselwirkungen mit meinen anderen chronischen Erkrankungen sind nicht so intensiv. Hilfreich kann es sein, sich regelmäßig schulen zu lassen, Termine bei Diabetologen wahrzunehmen und sich möglichst selber zur Expertin/zum Experten für den eigenen Diabetes zu machen! Auch der Austausch mit anderen Betroffenen tut extrem gut, den finden Sie auch in der Selbsthilfe -online wie offline. Probieren Sie es aus!
Kathi Korn
Der Experten-Videofilm mit Kathi Korn ist im DDH-M YouTube-Kanal aufrufbar.
2022 DDH M Einblick in das Leben mit Diabetes Typ 1, Experten-Videofilm mit Kathi Korn, © motionboard
Die DDH-M hat diesen Experten-Videofilm „Einblick in das Leben mit Diabetes Typ 1" mit freundlicher Unterstützung der TK Krankenkasse erstellt und veröffentlicht - herzlichen Dank dafür. Für die Inhalte des Films ist ausschließlich die DDH-M verantwortlich. (2022/2023)
Ebenso bedankt sich DDH-M bei Referentin Kathi Korn. Vielen Dank auch unserem Filmteam motionboard mit Melanie und Robert Bastian, die die Diabetes-Experten-Videofilme in der Geschäftsstelle aufgezeichnet und im Filmstudio produziert haben. Allen Mitwirkenden gebührt ein herzliches Dankeschön.
Beitrag vom 7.12.2022, Text Kathi Korn (gekürzt), Foto und Videofilmaufnahmen © motionboard, Oktober 2022 Berlin; letzte Aktualisierung am 7.12.2022