Dr. Katja Schaaf - Vorwort
In dem folgenden Kurzfilm möchte ich über die wichtigsten Aspekte des Diabetes mellitus Typ 2 im Kindes- und Jugendalter sprechen. Ich werde auf die Ursachen, den Verlauf, die Behandlungsmöglichkeiten und insbesondere die Präventionsmöglichkeiten eingehen.
Ich bin Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde und leite als Oberärztin im Elisabeth Krankenhaus Essen die Fachabteilung mit den Schwerpunkten pädiatrische Diabetologie, Endokinologie und Ernährungsmedizin. Des Weiteren bin ich gemeinsam mit der Dipl.-Psych. Verena Wendt Gründerin des Unternehmens Gesund im Gesundheitssystem (GIGs). Mit Diabetes beschäftige ich mich seit meiner Zeit als Ärztin im Praktikum 2001. Mein Anliegen ist es auf die Präventionsmöglichkeiten des Diabetes mellitus Typ 2 im Kindes- und Jugendalter hinzuweisen, um diese Erkrankung in dieser Altersgruppe zu verhindern.
Dr. Katja Schaaf
Diabetes Typ 1 von Diabetes Typ 2 abgrenzen
Im Gegensatz zum Diabetes mellitus Typ 1ist der Typ-2-Diabetes keine Autoimmunerkrankung. Diese Unterscheidung ist im Kindes- und Jugendalter wichtig, da viele Familien von Kindern mit Diabetes mellitus Typ 1 auch immer noch mit dem Irrglauben konfrontiert werden, sie hätten die Erkrankung verhindern können, indem sie das Kind anders ernährt hätten. Dies ist nicht der Fall: Weder zu wenig Bewegung noch eine ungesunde Ernährung durch hohen Zuckerkonsum, haben Einfluss auf die Manifestation des Typ-1-Diabetes.
Diabetes Typ 2 erkennen und Ursachen benennen
Hier handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, die durch eine Insulinresistenz gekennzeichnet ist. Das bedeutet, dass das körpereigene Insulin nicht ausreichend wirkt, um den Blutzucker zu senken. Ursache ist eine sich mittlerweile auch im Kindes- und Jugendalter häufende Adipositas, das heißt massives Übergewicht, welches in den meisten Fällen durch eine übermäßige Kalorienzufuhr und unzureichende körperliche Bewegung entstanden ist. Nur in seltenen Fällen liegen übergeordnete Erkrankungen zugrunde.
Bevor die Diagnose eines Diabetes Mellitus Typ 2 gestellt wird, sollten Diabetes mellitus Typ 1 und ein monogenetischer Diabetes, der sogenannte Mody, ausgeschlossen werden, da sich hieraus andere Behandlungsmöglichkeiten ergeben.
Im Gegensatz zum Typ 1 Diabetes hat der Typ-2-Diabetes oft einen langsamen, schleichenden Beginn. Aus diesem Grund können die Symptome schwer zu erkennen sein, und einige Kinder haben möglicherweise überhaupt keine Symptome. Erst im Verlauf können typische Anzeichen des Diabetes, wie beispielsweise vermehrtes Wasserlassen, verstärkter Durst, Müdigkeit und dunkle Hautveränderungen, die sogenannte Acanthosis nigricans, auftreten. Häufig wird die Diagnose im Zuckerbelastungstest oder durch einen erhöhten HbA1c gestellt.
Nach der Diagnose Diabetes Typ 2 - Lebensstil ändern
Wurde ein Diabetes mellitus Typ 2 beim Kind oder Jugendlichen festgestellt, müssen in erster Linie eine Gewichtsreduktion durch gesteigerte körperliche Aktivität und Ernährungsumstellung, am besten in Kombination mit einer psychologischen Betreuung, auf dem Therapieplan stehen.
Die sogenannte Lifestyleänderung stellt die erste und leider oft frustrane Säule in der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 dar. Erst bei unzureichendem oder ausbleibendem Therapieerfolg, gemessen am HbA1c, steht eine medikamentöse Therapie zur Verfügung.
Es erfolgt die Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 vorerst mit Tabletten, um die körpereigene Insulinantwort und damit den Blutzucker zu optimieren. Die meisten modernen Antidiabetika sind allerdings nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen, so dass bei unzureichender Stoffwechseleinstellung im Verlauf nur Insulin verschrieben werden kann.
Ziel der Behandlung ist eine Stoffwechseleinstellung mit einem HbA1c <6,5%.
Der HbA1c-Wert sagt in Prozent aus, wie viel Glukose sich in den letzten zwei bis drei Monaten an die roten Blutkörperchen gebunden hat.
Da Begleit- und Folgeerkrankungen eines Diabetes mellitus Typ 2 dramatische Auswirkungen auf das Kindeswohl und auf die körperliche und geistige Entwicklung haben, sollte es unser aller Anliegen sein, dass Kinder und Jugendliche von einem gesunden Lebensstil geprägt aufwachsen können.
Aussicht auf ein Leben ohne Diabetes Typ 2
Übergewichtige oder adipöse Kinder und Jugendliche können ihr Diabetes Typ 2 Risiko für das spätere Alter normalisieren, wenn sie bis zu einem Alter von 13 Jahren die Gewichtsprobleme in den Griff bekommen.
Anderenfalls drohen bereits im jungen Alter Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkt, Fettstoffwechselstörungen, Fettleber und eine erhöhte Eiweißausscheidung im Urin.
Prävention - wichtig für gesunde Kinder
Möglichkeiten der Prävention liegen in der Vermeidung von Übergewicht und Adipositas bzw. später in der Gewichtsreduktion. Erreicht werden kann dies durch eine gesunde ausgewogene Ernährung bei gleichzeitiger Steigerung der körperlichen Aktivität.
Dies gelingt durch Motivation der Kinder und Jugendlichen zu Bewegung, beispielsweise der Mitgliedschaft in Sportvereinen oder gemeinsame sportliche Aktivitäten mit der Familie.
Eine gesunde ballaststoffreiche Mischkost und der Verzicht auf übermäßige Kalorienzufuhr, insbesondere durch Fast Food, Energy Drinks und andere süße Getränke können Übergewicht und Adipositas verhindern, sowie Einschränkung des Medienkonsums bei Kindern und Jugendlichen. Dies sollte bereits im Kleinkindalter beginnen. Auch sollte dies in der ganzen Familie umgesetzt werden, um den Erfolg eines gesunden Lebensstils zu gewährleisten, denn Kinder und Jugendliche lernen durch Nachahmung. Die Präventionsmöglichkeiten, die Bedeutung eines gesunden Lebensstils und das Wahrnehmen regelmäßiger Arzttermine – all das sind wichtige Aspekte zur Vermeidung des Diabetes mellitus Typ 2 im Kindes- und Jugendalter sowie der Vermeidung seiner Komplikationen.
Information und Beratung aus erster Hand
Die erste Anlaufstelle für eine sachgerechte Information und Beratung ist der Kinderarzt, der ihr Kind und die Familie seit Jahren kennt und die familiäre Situation und Risiken am besten einschätzen kann.
Bei Verdacht auf das Vorliegen eines Diabetes mellitus Typ 2 unterstützt der pädiatrische Diabetologe durch seine Expertise. Dieser sollte bei manifestem Diabetes mindestens alle drei Monate zur Verlaufskontrolle und Überprüfung der Stoffwechseleinstellung aufgesucht werden. Ziel der Behandlung ist in erster Linie eine Gewichtsreduktion, um Begleiterkrankungen zu verhindern und um den Diabetes mellitus Typ 2 im Idealfall rückgängig zu machen.
Dies setzt allerdings Disziplin und einen starken Willen zur Änderung sowie die Unterstützung der Familie voraus.
Dr. Katja Schaaf
Der Experten-Videofilm mit Dr. Katja Schaaf ist im DDH-M YouTube-Kanalaufrufbar.
2022 DDH M Diabetes und Sexualität bei Frauen, Experten-Videofilm mit Dr. Katja Schaaf, © motionboard
Die DDH-M hat diesen Experten-Videofilm „Diabetes mellitus Typ 2 im Kindes- und Jugendalter" mit freundlicher Unterstützung der TK Krankenkasse erstellt und veröffentlicht - herzlichen Dank dafür. Für die Inhalte des Films ist ausschließlich die DDH-M verantwortlich. (2022/2023)
Ebenso bedankt sich DDH-M bei Referentin Dr. Katja Schaaf. Vielen Dank auch unserem Filmteam motionboard mit Melanie und Robert Bastian, die die Diabetes-Experten-Videofilme in der Geschäftsstelle aufgezeichnet und im Filmstudio produziert haben. Allen Mitwirkenden gebührt ein herzliches Dankeschön.
Beitrag vom 19.12.2022, Text Dr. Katja Schaaf (gekürzt), Foto und Videofilmaufnahmen © motionboard Oktober 2022; letzte Aktualisierung am 19.12.2022