Besondere Sorge bereitet den Eltern die Zeit der Pubertät, wenn die Jugendlichen selbstständig werden und aus Feiern zum Kindergeburtstag Partys werden. Alkohol kann bei insulinpflichtigen Menschen mit Diabetes lebensbedrohliche Situationen hervorrufen. Deshalb ist es wichtig, den richtigen Umgang mit Alkohol bei Diabetes zu kennen. 

Warum trinken wir Alkohol? Gemeinsam Spaß haben, gut drauf sein, Feiern und Entspannung sind häufig die Gründe für das „Darum!“ Das ist auch in Ordnung, wenn der Partygast sein Limit kennt und Alkohol verantwortungsvoll trinkt. Damit Jugendliche mit Diabetes Typ 1 vor der ersten Party mit Alkohol aufgeklärt sind, haben wir in einer Broschüre Informationen und Erfahrungen junger Typ 1er zusammengetragen.

Du möchtest das Risiko eingehen 

Alkohol wirkt beim jedem Menschen unterschiedlich, weshalb es wichtig ist, seine eigenen Grenzen langsam, schrittweise und kontrolliert zu erforschen. Achte unbedingt darauf, deine Alkoholverträglichkeit nur bei einem stabilen Blutzuckerwert und in einem dir vertrauten Umfeld zu testen. Es ist unabdingbar eine oder besser sogar mehrere Personen bei sich zu haben, die das Wissen besitzen, dir im Notfall helfen zu können.

Welche Wege nimmt der Alkohol in deinem Körper?

Nach Alkoholkonsum gelangt ein Teil des Alkohols sofort über die Schleimhäute von Mund und Speiseröhre in die Blutbahnen deines Körpers. Die größere Alkoholmenge passiert die Magen- und Darmschleimhaut und wird schnell über die Blutbahn im gesamten Körper verteilt. So wird jedes deiner Organe im Körper mit Alkohol konfrontiert, besonders Gehirn und Leber werden spürbar in ihrer Funktion beeinträchgt.

Was passiert in deinem Kopf

Im Gehirn behindert Alkohol die Kommunikation zwischen den Nervenzellen. Je nach Person und Gemüt kommt es zu Müdigkeit, Albernheit, Redseligkeit, aber auch zu Sprach- bzw. Wahrnehmungsstörungen bis hin zu Aggressivität. Bereits nach einem Bier werden Entfernungen falsch eingeschätzt, die Koordination der Bewegungen wird schlechter und die Reaktionszeit erhöht sich.

Junge Leute mit Bier in der Hand

Was passiert in deiner Leber

Die Leber hat neben vielen lebenswichtigen Funktionen in deinem Körper auch die Aufgabe, die Balance des Blutzuckerhaushalts zu halten. Bei Bedarf schüttet die Bauchspeicheldrüse das Enzym Glukagon aus, welches bewirkt, dass Glukose freigesetzt wird und in die Blutbahn gelangt. Alkohol stört die Glukagonausschüttung. Es kann zu niedrigen Blutzuckerwerten kommen: Sogar bis zu 48 Stunden nach einer Party mit Alkohol kann eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) auftreten. Auch kann eine Glukagonspritze, zur Behandlung einer Unterzuckerung mit Bewusstlosigkeit, weniger wirksamer sein, als sonst üblich.

Was berechnest du für den Alkohol?

Bei der BE-Berechnung kommt es auf den Alkoholgehalt und den verwertbaren Zucker an. Mit der Zeit wirst du Erfahrungen sammeln und ein Gefühl für die BEs, die sich in Getränken verstecken, entwickeln. Am Anfang gilt für das Berechnen von BEs jedoch definiv: Weniger ist mehr! Durch die bereits erwähnte drohende Hypoglykämie ist es sicherer, mit einem höheren Blutzuckerwert zu rechnen.

Biere können bis zu 40 g/l verwertbare Kohlenhydrate (KH) enthalten (Pils; Kölsch; Starkbier; Bockbier, Weizenbier). Leichtbiere enthalten davon weniger.*

333 ml helles Bier12–13 g Alkohol10 g KH1,0 KE
333 ml Biermischgetränk6–8 g Alkohol18 g KH1,8 KE
333 ml Bier alkoholfrei< 1,2 g Alkohol21 g KH2,1 KE

Trockene Weine/Sekt können 5 - 10 g/l verwertbaren Zucker enthalten, hier keine BE berechnen, da der BZ meist sinkt. Das gilt auch für süße Weine/Sekt, jedoch kann der BZ anfangs hochschnellen, deshalb hier das Spritzen abwägen.*

100 ml Wein trocken8–12 g Alkohol< 1 g KH0–0,5 KE
100 ml Sekt trocken8–12 g Alkohol0–3 g KH0–0,25 KE
100 ml Wein lieblich8–12 g Alkohol< 1 g KH0–0,5 KE
100 ml Sekt trocken8–12 g Alkohol3–5 g KH0,25–0,5 KE

Schnaps (klarer) enthält kaum Zucker, jedoch viel Alkohol, demzufolge der BZ stark sinkt. Cocktails und Alkopops sind sehr zuckerhaltig.*

20 ml Schnaps6 g Alkohol< 1 g KH0 KE
20 ml Likör2–3 g Alkohol4–9 g KH0,5–1 KE
275–350 ml Alkopop11–15 g Alkohol30 g KH3 KE

* HINWEIS: Alle Angaben nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richgkeit.

Wo lauern noch BE´s 

Gerade in Cocktails, die mit Säften gemischt sind, ist viel Gesamtzucker enthalten. Am besten immer bei der Zubereitung zuschauen oder selbst mixen. Achte jedoch nicht nur auf deine Getränke. Salzknabberzeug und Süßkram sind auf Partys immer in Griffweite und können den Blutzuckerwert schneller erhöhen, als es dir lieb ist. 

Berechne jeweils 1 BE für: 

  • 11 Chips (ca. 21 g)
  • 10 Salzstangen (ca. 15 g)
  • 3 Butterkekse (ca. 16 g)
  • 6 Gummibärchen (ca. 15 g)

Während des Abends - Blutzuckerkontrolle

So unangenehm das auch sein mag, es ist notwendig, dich um deinen Diabetes zu kümmern. Achte unbedingt darauf, regelmäßig deinen Blutzuckerwert zu kontrollieren; ein FGM "Flash Glucose Monitoring" oder CGM „Continuous Glucose Monitoring" erleichtert dir vieles. 

Hygiene kann auf der Party, unterwegs oder in der Kneipe, schnell zum Problem werden. Suche dir eine ruhige Ecke und nimm dir die Zeit, die du brauchst. Eine saubere Blutzuckermessung und sichere Insulinversorgung musst du dir selbst jederzeit gewährleisten können. 

Viele alkoholische Getränke sind sehr süß und somit klebrig und verursachen leicht Verunreinigungen an den Fingerkuppen. Deshalb solltest du vor jeder BZ-Messung: Hände waschen!

Bevor du schlafen gehst - Blutzuckerkontrolle 

BZ <160 mg/dl (ca. 9,0 mmol/l)
Iss eine Kleinigkeit und reduziere deine temporäre Basalrate! 

BZ 160 – 220 mg/dl (ca. 9,0 -12,0 mmol/l)
Du musst nichts weiter unternehmen! Dein BZ ist opmal. 

BZ >220 mg/dl (ca. 12,0 mmol/l) 
Du solltest ggf. einen Korrekturbolus geben, ohne komplett zu korrigieren. 

Nachts - Blutzuckerkontrolle 

Stell dir einen Wecker und überwache nachts ca. alle zwei Stunden deinen Blutzuckerwert, um einer Hypoglykämie vorzubeugen. Das ist besonders wichg, wenn du erst wenig Erfahrung mit Alkohol hast. 

Am nächsten Morgen - Blutzuckerkontrolle 

Vielleicht wirst du beim Aufstehen von einem Gefühl des Unwohlseins begleitet. Doch Achtung! Es muss kein „Kater“ sein. Dein Unwohlsein könnte auch durch erhöhte Blutzuckerwerte oder sogar durch eine über Nacht entstandene Ketoazidose verursacht werden. Kontrolliere zur Sicherheit in jedem Fall beide Werte. 

Doch eine Ketoazidose 

Hier solltest du Ruhe bewahren und ganz viel Wasser trinken. Denk daran, trotz hoher Ketonwerte kann der Blutzuckerwert gut sein. Wenn du unsicher bist, wende dich an deinen Diabetesberater bzw. Diabetologen.

Flyer herunterladenBeitrag vom 10.05.2019; letzte Aktualisierung am 30.8.2020