Über 70-Jährige sind heute geistig und körperlich fitter als ihre Altersgenossen noch vor 20 Jahren. Auch ihr Wohlbefinden und ihre Zufriedenheit sind in den letzten Jahren gestiegen. Das sind die Ergebnisse der Berliner Altersstudie II. Eine bessere geistige wie körperliche Gesundheit, und die damit verbundene höhere Selbstständigkeit im Alter tragen zum gesteigerten Wohlbefinden der Senioren bei. Ältere Menschen, auch mit Diabetes, teilen die Experten in drei Gruppen ein:
Die so genannte „Go-Go“- Gruppe bezeichnet Menschen, die auch noch im gehobenen Alter fit und aktiv sind. Reisen, Sport und Hobby sind noch gut machbar. Bei der Blutzuckerbehandlung gibt es hier keinen Unterschied zu 40-jährigen. Das heißt: Normnahe Blutzuckerwerte, HbA1C 6,7-7,5%, keine Unterzuckerungen, Vermeidung von diabetischen Folgeschäden.
Ältere, pflegebedürftige Menschen, bei denen oft andere gesundheitliche Probleme im Vordergrund stehen, gehören zu der „No-Go“- Einteilung. Das Risiko hinsichtlich der Späterscheinungen ist hier nicht so wichtig. Der HbA1C sollte kleiner 8,5% sein, wobei keine Unterzuckerung vorliegen sollte.
Patienten, die zwischen diesen Gruppen liegen, werden in der „Slow-Go“- Kategorie eingeordnet. Hier können verschiedenste Erkrankungen vorliegen. Dazu gehören z.B. Lungenerkrankung, Gelenkarthrose oder aber auch Spätfolgen wie der diabetische Fuß.
Veränderte Diabetes-Behandlung
Auch wenn im fortgeschrittenen Alter nicht jeder Mensch mit Diabetes automatisch pflegebedürftig ist, so ist die Verschlechterung der Mobilität früher oder später ein Thema. Die Patienten sind dann auf die Hilfe anderer angewiesen, z.B. bei der Insulinpumpentherapie, Blutzuckermessung, Essenszubereitung. Dinge, die jahrelang selbst gemacht wurden, gehen nun nicht mehr so leicht von der Hand. Auch die Blutzuckerwerte können sich erhöhen und die Zielwerte für den HbA1C verändern.
All diese Themen bedürfen vieler Gespräche, um Diabetespatienten zu vermitteln, dass die veränderte Lebenssituation neue Herausforderungen mitbringt. Die Vorschläge und Hilfen von Angehörigen und Ärzten sind keine Bevormundung. Das zu akzeptieren kann ein langwieriger und aufwendiger Prozess werden. Dabei kommt es vor allem auf das Einfühlungsvermögen und die Vertrauensbasis zwischen Betroffenen und dem betreuenden Diabetesteam an.
Besondere Vorsicht bei Kliniken und Pflegeeinrichtungen
Noch ist besondere Achtsamkeit bei Krankenhausaufenthalten oder anderen stationären Behandlungen geboten. Oft ist das Pflegepersonal nicht auf Patienten mit einem langjährigen Diabetes Typ 1 eingestellt, nicht auf den Umgang mit diesen Diabetespatienten geschult. So kann es z.B. vorkommen, dass bei der Aufnahme aus einem Typ-1-Diabetes ein Typ 2 in der Krankenakte gemacht wird.
Beim Typ 1 kann durch eine falsche Diabetesbehandlung schnell der Blutzucker entgleisen mit einer lebensbedrohliche Situation für den Patienten. Was bei Typ-2-Patienten oftmals nicht so kritisch ist, kann bei Typ 1 fatale Folgen haben.
Auch der Umgang mit der Insulinpumpe ist kaum bekannt. Immer wieder erleben Menschen mit Diabetes Typ 1, dass das Klinik- und Pflegepersonal wenig Erfahrungen im Umgang mit Insulin-Therapien haben. Deswegen ist es wichtig, bei jedem Krankenhausaufenthalt eindringlich auf den Diabetes und die aktuelle Behandlung hinzuweisen. Um das Risiko so gering wie möglich zu halten, kann man auch seine komplette Diabetesausrüstung mitnehmen und den Diabetes wie gewohnt selbst managen, solange es geht.
Weitere Tipps fürs Alter mit Typ 1:
- Rechtzeitiges Absprechen der Therapie bei Pflege oder Krankenhausaufenthalt mit Diabetologen
- Technik altersgerecht aufstellen (z.B. Insulinpumpe mit großem Display, einfacher Bedienung und Spracherkennung, Signalfunktion)
- ggf. eine Umstellung auf ICT ggf. mit dem Arzt besprechen (Insulinpen)
- für Diabetespatienten geeignetes Krankenhaus bzw. Pflegeeinrichtung wählen
- Unterstützung durch geschulten Pflegedienst möglich machen
Persönliche Erfahrung berichten
Oft leben Typ-1-Patienten viele Jahrzehnte mit der Krankheit. Für Menschen, die schon länger als 50 Jahre mit regelmäßiger Blutzuckermessung, strikter Einhaltung der medikamentösen Therapie, sowie ständiger Überprüfung der Ernährung gesund geblieben sind, gibt es eine Möglichkeit ihre Erfahrungen zu teilen. Den Rahmen dafür schafft die Mehnert-Medaille, die jedes Jahr an einen Betroffenen mit über 50 Jahren Diabetesmanagement verliehen wird.
Beitrag vom 27.09.2019; letzte Aktualisierung am 27.09.2019
Quellen (letzter Abruf September 2019):
Peter Klasen: „Älter werden mit Diabetes Typ 1“, DDH-M aktuell, 3/2017, S. 10 ff.
„Wenn Menschen mit Typ-1-Diabetes und Pumpentherapie alt werden“, DDH-M aktuell, 3/2017, S. 13 ff.
https://www.mehnert-medaille.de/ueber-die-medaille, 27.09.2019