In der Regel ist das Fahren mit dem Auto bei Diabetes kein Problem! Menschen mit Diabetes verursachen statistisch nicht mehr Unfälle im Straßenverkehr als stoffwechselgesunde Menschen. Je nach Diabetestyp bzw. der Diabetestherapie unterscheiden die Begutachtungsrichtlinien der Fahrerlaubnisverordnung Risikogruppen. 

In der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Zulassung erteilt wird (Mindestalter, Eignung, Sehvermögen), welche Beschränkungen es gibt (Auflagen) und wann eine Fahrerlaubnis entzogen wird.

Die „Anlage 4 – Eignung und bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen“ der FeV und vor allem die „Begutachtungs­richtlinien – 3.5 Zuckerkrankheit Diabetes mellitus“ sind für Menschen mit Diabetes interessant. Darin sind je nach Diabetestyp bzw. Behandlungsform Risikogruppen definiert, die Führerschein­klassen in 2 Gruppen aufgeteilt.

Risikogruppe 1

Risikogruppe 2

„leichte“ Kraftfahrzeuge
- die Klassen A, A1, B, BE, M, L, T
 (Motorräder, Pkw, landwirt­schaftliche Zugmaschinen)
„schwere“ Fahrzeuge
- die Klassen C, C1, C1E, D, DE, D1, D1E (Lkw über 3,5t, Sattelschlepper u.ä.) sowie die FZF (Fahrgastbeförderung)
Fahrzeuggruppe 1Fahrzeuggruppe 2
jaausnahmsweise, bei guter Stoffwechselführung ohne Unterzuckerung über etwas drei Monate
Quelle: 2019, www.diabetes-und-recht.de

 

Die Patientenleitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) vom November 2019 gibt Handlungsempfehlungen, wie Diabetespatienten sicher am Straßenverkehr teilnehmen können und zeigt auf, wann gegebenenfalls eine Fahruntauglichkeit bestehen kann. 

HINWEIS - Diabetes mit Unterzuckerungsrisiko

Verkehrsteilnehmer mit Diabetes, die Unterzuckerungen erleben können, müssen diese zuverlässig erkennen und behandeln. Die Stoffwechsel­einstellung muss regelmäßig vom Arzt überprüft werden (ca. alle 6 bis 12 Wochen). Der Blutzucker muss regelmäßig selbst kontrolliert, Therapie und Einstellung dokumentiert werden. Auflagen der Verkehrs­behörde sind zu erfüllen, wie z. B. regelmäßige Untersuchungen vom Diabetologen, verkehrsmedizinische Gutachten, (Traubenzucker im Auto etc.). Wichtig ist vor allem der Blick auf die Blutzuckerwerte vor Fahrtantritt, unterwegs alle zwei Stunden bzw. situations­entsprechend häufiger.

HINWEIS - Diabetes ohne Unterzuckerungsrisiko

Verkehrsteilnehmer mit Diabetes, die keine blutzucker­senkenden Medikamente regelmäßig anwenden müssen, können uneingeschränkt am Straßenverkehr teilnehmen. Medikamente zur Besserung der Insulinresistenz (Tabletten zur Verbesserung der Insulinwirksamkeit, z.B. der Wirkstoff Metformin) und/oder zur Aufnahme­verzögerung von Nährstoffen senken erhöhte Blutzuckerwerte nur gering ohne eine Unterzuckerung auslösen zu können.

Das Risiko für eine Unterzuckerung am Lenkrad ist entscheidend!

Insulinpflichtige Patienten und Patienten mit Pharmaka vom Typ der Sulfonylharnstoffe müssen sich um ihre Fahrtüchtigkeit kümmern. Es besteht grundsätzlich die Gefahr eine Unterzuckerung zu erleiden. Schon bei einer schwachen Unterzuckerung (Hyperglykämie) ist eine Einschränkung der Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Informations­verarbeitung, Reaktions­schnelligkeit und der Gedächtnis­leistung zu beobachten. Diese Nebenwirkungen eines zu niedrigen Blutzuckers können besonders beim Führen eines Fahrzeugs zu lebens­bedrohlichen Situationen für den Menschen mit Diabetes selbst und außenstehende Personen führen. 

Deshalb ist es wichtig, als Mensch mit Diabetes im Straßenverkehr besonders verantwortungsvoll mit seiner Krankheit umzugehen und sich ausreichend über seine Rechte als Verkehrsteilnehmer zu informieren. Wichtige Informationen für Verkehrsteilnehmer mit Diabetes sind in der offiziellen Leitlinie „Diabetes und Straßenverkehr“ der DDG verankert.

Folgende Hinweise sollten insulinpflichtige Verkehrs­teilnehmern beachten:
 

  • Nehmen Sie immer alle Medikamente inklusive Glukagon-Spritze und Ihren Diabetiker-Ausweis mit.
  • Messen Sie immer kurz bevor Sie die Autofahrt antreten Ihren Blutzucker. Er sollte sich nicht unter 90mg/dl (5mmol/l) befinden.
  • Ist Ihr Blutzucker zu hoch oder zu niedrig, verschieben Sie die Autofahrt und kümmern Sie sich erst um einen optimalen Blutzuckerwert.
  • Halten Sie im Auto immer schnell wirksame Kohlehydrate in Form von Traubenzucker oder Saft oder Limonade griffbereit.
  • Unterzuckern Sie beim Autofahren, halten Sie sofort an und nehmen Sie schnell wirksame Kohlehydrate zu sich. Warten Sie dann mindestens 20 Minuten mit der Weiterfahrt und stellen Sie sicher, dass keine wiederholte Hypoglykämie auftritt.
  • Treten Sie eine längere Autofahrt an, legen Sie regelmäßig Pausen ein, um etwas zu Essen und Ihre Medikamente einzunehmen bzw. den Blutzucker zu messen.
  • Vermeiden Sie lange Nachtfahrten, um Überanstrengung zu vermeiden und einen geregelten Tagesablauf beizubehalten.
  • Trinken Sie niemals vor oder während der Fahrt Alkohol. Auch ein Restalkohol­spiegel im Blut vom Vorabend kann eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) begünstigen.
  • Informieren Sie Mitfahrer über Ihre Krankheit und lassen Sie diesen wissen, wo sich die schnell wirksamen Kohlehydrate und die Glukagon-Spritze befinden.

Diabetes ist keine meldepflichtige Erkrankung

Wenn Sie einen Führerschein haben und die Diagnose Diabetes nachträglich erhalten, entsteht daraus keine Pflicht zur Mitteilung an die Behörde. 

Sie müssen nichts fürchten, Ihr Arzt und das Kranken­hauspersonal sind an das Arztgeheimnis gebunden und machen sich strafbar, wenn sie patienten­bezogene Daten ohne Ihre vorherige Einwilligung an Dritte weitergeben. 

Auch Betriebsärzte unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Jedoch ist die Erfahrung der Selbsthilfe, dass diese Schweigepflicht oft "aufgeweicht" wird, die Firmenleitung und die Verkehrsbehörde erhalten eine Nachricht. 

Durch Verkehrsunfälle oder auch auffällige Fahrweise kann die Situation eintreten, dass bei den polizeilichen Ermittlungen die Frage nach einer Diabeteserkrankung gestellt wird. Bestätigt sich die Vermutung, erhält die Verkehrsbehörde eine Mitteilung darüber. Deshalb, verschweigen Sie Ihre Diabetes­erkrankung vor den Beamten, wenn Sie in einen Unfall verwickelt werden. 

Ein diagnostizierter Diabetes muss nicht unaufgefordert an die Behörden gemeldet werden. Im Fall einer direkten Befragung durch die Behörde jedoch, sollte die Krankheit angegeben werden (Mitwirkungspflicht). 

Es kann vorkommen, dass Nachbarn oder Familienmitglieder aus persönlichen Gründen eine Meldung über die Diabeteserkrankung eines Dritten an die Behörde machen.

Antrag Führerschein ausfüllen

Der Führerschein-Antrag

Wer einen Führerschein machen möchte, muss einen Antrag ausfüllen, der von der zuständigen Straßenverkehrs­behörde überprüft wird, ob der Antragsteller fahrtauglich ist. Dazu müssen persönliche Angaben auch zur Gesundheit gemacht und ärztliche Überprüfungen durchgeführt werden (z.B. Mindestalter, Eignung, Sehvermögen). Auch wird zumeist nach chronischen Erkrankungen und regelmäßiger Medikamenten­einnahme gefragt. Nur in diesem Fall muss der Diabetes angegeben werden. Wird nicht explizit im Antrag gefragt, muss der Diabetes nicht angegeben werden, der Eintrag bleibt frei. Erfährt die Behörde jedoch später vom bereits zur Antragszeit bestehenden Diabetes, kann sich das ggf. ungünstig in einem Verfahren mit der Behörde auswirken. 

Der HbA1c-Wert spielt beim Erwerben eines Führerscheins keine Rolle, laut Leitlinie „Diabetes und Straßenverkehr“ der DDG.

Auflagen zum Führerschein

Bei Eintrag des Diabetes zur Person kann die zuständige Behörde - insbesondere für insulinpflichtige Menschen – zumutbare Auflagen erteilen. Diese Auflagen zielen auf die Überwachung der Verkehrstüchtigkeit der Person mit Diabetes. So kann z.B. zweijährlich ein ärztliches Verkehrsgutachten von einem Verkehrsmediziner angefordert werden. Dieses Gutachten kann ein entsprechend qualifizierter Verkehrsmediziner anfertigen, der vom Amt vorgeschrieben wird, oder der Antragsteller muss selbst einen Gutachter beauftragen. In jedem Fall ist das Attest privat zu bezahlen (250 – 400 Euro). Für einen Führerschein zur Fahrgastbeförderung ist ein regelmäßig vorgelegtes ärztliches Gutachten bei der zuständigen Verkehrsbehörde Pflicht.

Das Verkehrsgutachten

Hierbei geht es hauptsächlich um den Nachweis, dass der Diabetes mit einem optimalen HbA1c eingestellt ist und es innerhalb eines Jahres zu keinen schweren Unterzuckerungen gekommen ist. Es sind jedoch nur Unterzuckerungen relevant, bei denen Hilfe von einer weiteren Person oder die Verabreichung einer Glukagonspritze nötig wurde und/oder Bewusstlosigkeit eingetreten ist. Die zuständigen Ärzte fordern dann meist ein Diabetes-Tagebuch ein, das mindestens ein Jahr im Voraus die Blutzuckerwerte aufzeigt. Ein Gutachten wird negativ ausfallen, wenn eine Wahrnehmungs­störung für Unterzuckerungen, ausgeprägte Symptome wie Übelkeit, Erbrechen usw. bei Hyperglykämien oder eine Neueinstellung bei insulinpflichtigen Menschen vorliegt. 

Es ist für Menschen mit Diabetes wichtig, über die Rechte als Verkehrsteilnehmer mit Diabetes Bescheid zu wissen. Rechtsanwalt Oliver Ebert hat dafür eine sehr informative Webseite zum Thema "Führerschein" unter www.diabetes-und-recht.de erstellt.

Bei einem Unfall richtig reagieren

  • Ruhe zu bewahren. 
  • Falls Sie eine Unterzuckerung vermuten, sofort Traubenzucker oder ähnliche Blutzucker steigernde Nahrungsmittel zu sich nehmen.
  • Erste Hilfe leisten.
  • Am Unfallort vorerst die Krankheit verschweigen! Verweigern Sie eine Aussage zur Gesundheit und geben vorerst nur Ihre Personalien an. Kontaktieren Sie dann Ihren Anwalt. 
  • Erinnern Sie unbedingt den Notarzt an seine Schweigepflicht über Ihren Diabetes gegenüber der Polizei.
  • Bei Angaben über den Unfallhergang müssen diese wahrheitsgemäß berichtet werden. Vermeiden Sie jedoch dabei Ihren Diabetes zu erwähnen.

Geben Sie Ihren Führerschein ab, wenn Sie das Gefühl haben, dem Straßenverkehr nicht mehr gewachsen zu sein. 

Lassen Sie Ihre Fahrtüchtigkeit regelmäßig vom Arzt überprüfen und folgen Sie seinem Ergebnis.

Entzug des Führerscheins 

Auch Monate nach Abschluss eines Unfall-Verfahrens kann die Behörde die Fahrtüchtigkeit bewerten und ggf. den Führerschein entziehen oder den Behalt von Auflagen abhängig machen. In diesem Fall muss den Aufforderungen der Behörde nachgekommen werden, ein Gespräch gesucht und Bereitschaft signalisiert werden. Nur bei unzumutbaren Auflagen oder offensichtlich unberechtigen Einbehalt des Führerscheins sollte ein Anwalt eingeschaltet werden. 

 

Vertiefende Informationen zum "Führerschein mit Diabetes"

Beitrag vom 24.09.2019; letzte Aktualisierung am 24.09.2019

Quellen (letzter Abruf September 2019):  

https://www.diabetes-und-recht.de/fuehrerschein/
https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/leitlinien/evidenzbasierte-leitlinien.html